Aber mal von Anfang an. Das Buch hatte ich schon Ende der 1990er Jahre gekauft. Dear Jane war und ist ein ganz besonderer Quilt für mich. Einer den ich unbedingt haben wollte. Damals wie heute.
Wer das Buch kennt, der weiß, es gibt nur Skizzen der einzelnen Blöcke, keine Anleitungen. Also alles schön selber mit dem Inchlineal ausmessen und eventuell Schablonen oder eine PP Vorlage selbst herstellen. Okay, das kriege ich hin. Schnell habe ich mich im Internet der "Dear Jane" Yahoo Gruppe (später Replica Group genannt) von Roswitha Meidl angeschlossen. Und das war gut so, dort habe ich ganz viel Hilfe bekommen. Blöcke, die mir zu schwierig erschienen, waren dank Roswithas Tipps plötzlich machbar.
Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich 2002 begonnen, die ersten Blöcke zu nähen. Das war doch ein Restequilt, oder? Hatte ich schon einmal erwähnt, dass ich Restequilts liebe. Und so sah es auch diesmal für mich aus und ich habe ohne jegliche Planung mit dem Abenteuer begonnen.
Ich nähte also fröhlich drauf los. Zuerst ein paar einfache Blöcke. Die schwierigen kann man ja später immer noch machen. Wie gesagt, keine Planung! Mein Stoffvorrat war damals überschaubar. Der Stoff, der mir in die Hände kam, der wurde genommen. Basta! Für den einen Block und für den nächsten Block auch noch. Restequilt eben.
An mir war völlig vorbeigegangen, dass im Idealfall jeder Stoff nur einmal verwendet werden sollte. Okay, das ist eigentlich auch nicht zwingend erforderlich. Wir nähen ja nur unsere Version dieses Quilts. Einen Baby Jane. Dummerweise war in mir der Ehrgeiz erwacht, doch dieses Ziel zu verfolgen. Und so habe ich die allerersten Blöcke meiner Freundin Silke gegeben. Silke hat daraus einen "Dear Renate und Dear Birgit" genäht. Aha, ich war also nicht die Einzige, die Blöcke bei Silke entsorgt hatte. :-)
Neustart! Viele verschiedene Stoffe sollten es also sein. Schaun wir mal, insgesamt 225 Blöcke hat der Quilt, d.h. 225 verschiedene Stoffe. Nicht ganz einfach. Und dann noch Stoffe, die dem Original ähnlich waren! Im Grunde konnte ich nur über das verfügen, was der nahegelegene Quiltshop im Angebot hatte. Reprostoffe? Damals ein Fremdwort für mich.
Die Rettung waren für mich Swaps, die über die Internetgruppe angeboten wurden. Man schickte eine bestimmte Anzahl an 20 cm großen Stoffquadraten an eine Tauschmom. Diese Stoffgröße reicht für die meisten Blöcke aus. Pro Stoffmuster sollten es höchstens 10 Stück sein. Und wenn ich mich richtig erinnere, waren 60 Tauschquadrate aus den Motivstoffen ein Set. Nach einiger Zeit bekam man dann eine bunte Mischung zurück. WOW, das war ja wie Geburtstag und Weihnachten zusammen. Welch eine Vielfalt! Da gab es Stoffe, die hatte ich vorher noch nie gesehen.
Na dann mal los. Mit 1000 Freuden habe ich genäht. Quilterinnen in Hannover (ca. 90 km von mir entfernt) organisierten Treffen. Klar, selbstverständlich bin ich hingefahren. Welch eine wunderschöne Zeit, ich denke immer noch unglaublich gerne daran zurück.
Ich machte Fortschritte. Und eines Tages, wir hatten inzwischen das Jahr 2009: "Auf die Schulter klopf", alle 169 Mittelblöcke waren fertig und auch noch 18 Dreiecke. Klasse! Nun alles auslegen.
Die Mittelteile wollte ich zu 9 Blöcken zusammennähen und dann nach der Methode "Quilt as you go" arbeiten. Selbstverständlich wollte ich mit der Hand quilten. Das würde super funktionieren. Mit "Quilt as you go" hatte ich schon einige Erfahrungen. 1994 bei der Quiltexpo in Karlsruhe gab es Videos und Bücher zu dem Thema von Georgia Bonesteel. Und so hatte ich den Doppelbettquilt zur Hochzeit meines Sohnes und meiner Schwiegertochter 1995 nach der Methode gearbeitet und auch 1996 den Quilt anläßlich des 25. Geburtstages meiner Tochter.
Also das würde super funktionieren. Ich sah den Quilt schon fertig vor mir liegen. Aber ihr ahnt es schon. Das war nicht das Ende der Geschichte. Es kommt eben oft anders als man denkt. Aber bitte lest selbst.
Alle 169 Mittelblöcke wurden schön ausgelegt. A 01 genau neben A 02 usw. So wie es im Buch auch vorgesehen war. Aber was war das? Verflixt, die Farben waren nicht gleichmäßig verteilt. Da versammelten sich auf der einen Seite überwiegend rote Blöcke, auf der anderen blaue usw. Ja, so kommt das, wenn man einfach irgendwelche Blöcke näht, einfach einen Stoff heraussucht und nicht darauf achtet, wo dieser Block nachher angeordnet werden soll.
Und was hatte ich noch total übersehen? Der Quilt war ja aufgebaut nach dem Muster "Reise um die Welt". War ich denn mit Blindheit geschlagen?
Und was nun?
Meine Freundin Silke wußte eine Lösung. Ihr Vorschlag: "Vergiss mal die Anordnung wie sie im Buch vorgesehen ist. Wir mixen das jetzt alles bunt durcheinander. Dein Quilt darf anders aussehen."
Okay, dann machen wir das so.
Silke fand es toll. Ich weniger. Aber es ist wie es ist. Augen zu und durch. Alles zusammengenäht wie ausgelegt und die rosarote Brille aufgesetzt. Irgendwann wird es mir schon gefallen. Wird es wirklich???
Denkste! Ich hätte es besser wissen müssen. Es war schon etliches gequiltet, da kam wieder Frust auf. Hm, so sieht das also aus. Gefällt mir das? Nee, irgendwie nicht. Macht der Quilt mich glücklich? Nein, nicht wirklich. Ist das nicht alles ein Durcheinander? Der Frust wurde größer.
Und nun? Was tun? Okay, für mein Gefühl gab es nur eine Lösung: Alles wird auseinander getrennt. Im Trennen bin ich übrigens immer ganz groß!!! Silke meint, ich nähe auf diese Weise fast alle Quilts zweimal. ???? Aber gedacht, getan. Da waren sie also wieder: 169 einzelne Mittelblöcke und 18 Dreiecke. Alles schön in eine Kiste gepackt und auf Eingebung gewartet. Jane ruhte einige Zeit. ( 2020; Ja, liebe Leserin, lieber Leser, ich weiß, ich hätte alle Blöcke farblich nach dem Muster "Reise um die Welt" ordnen können. Aber ehrlich gesagt, auf die Idee bin ich damals nicht gekommen.)
Ruhe ließ es mir natürlich nicht. Vielleicht sollte ich mal alle roten Blöcke, alle braunen Blöcke usw. sortieren. Gedacht, getan. Unnötig zu sagen, dass meine Freundin Silke mir diesmal nicht zur Seite stand. Sie fand die ganze Sache inzwischen ein wenig abartig. "Fast fertig und dann wieder alles trennen? Was soll der Quatsch?" Okay, ein ganz klein wenig - aber auch nur ein ganz winzig klein wenig - konnte ich sie verstehen. LOL
Da lagen sie nun also, die roten, die braunen, die gelben und auch die blauen und grünen Blöcke nebeneinander. Und mir wurde noch etwas klar. Durch die kräftig farbigen Stoffe wirkte alles ziemlich massiv. Ob mich auch das störte? Ich neige dazu, zu dunkle Stoffe zu kaufen.
Die Blöcke einfach entsorgen? Nein, das wäre doch zu schade. Ein anderes Layout musste her.
Wie wäre es, wenn man alle Blöcke auf die Spitze stellt? Und dazwischen immer ein schlichtes helles Quadrat? 88 meiner vorhandenen Blöcke könnten dann Verwendung finden.
Ja, das gefiel mir und es gefällt mir auch heute noch im Jahr 2020.
Ich habe den Quilt "Janes Little Sister" genannt. 2013 war er fertig. Er ist 1,50 m x 2,00 m groß und ziemlich dicht mit der Hand gequiltet. Es war eine gute Entscheidung. Zu meiner großen Freude habe ich auf einer amerikanischen ganz viel Lob dafür bekommen. Das tat gut.
Okay, aber es waren immer noch viele Blöcke übrig. Genauer gesagt etwa die Hälfte.
Und nicht zu vergessen die 18 Dreiecke.
Erste Ideen waren bald vorhanden. Es wurde wieder ausgelegt. Wäre das die Idee für einen weiteren Quilt? Lieber nochmal überlegen. Da der Raum zu der Zeit nicht benötigt wurde, blieb alles auf dem Fußboden liegen. Die Rechnung hatte ich nun ohne meinen Kater Timmy gemacht. Der Quiltinspektor hatte beschlossen, alles neu zu arrangieren. War das ein Wink? Böse konnte ich ihm nicht sein, schließlich hatte er beim Heften von "Janes Little Sister" geholfen. Niemand kann so fix das Garn abrollen wie mein Kater.
Da ich vergessen hatte, vorher ein Foto zu machen, kam alles wieder in die Kiste. Und wie heißt es so schön? Aus den Augen aus dem Sinn. Dornröschenschlaf für Jane.
Aufgeben? Keine Chance. Ich gehöre ja zu den Optimisten. Irgendwann würde es eine Lösung geben.
Aber da war immer wieder diese Stimme, die mir laut ins Ohr flüsterte: ein kompletter Dear Jane, der hat doch was! Das soll, dass muss es doch noch werden. Und diese Stimme wurde immer lauter. Ich konnte sie nicht mehr ignorieren. Wer sich einmal in einen Dear Jane verliebt hat, der guckt nicht mehr so leicht nach links oder rechts. Dear Jane ist nun mal Dear Jane.
Es gab auch schon einige Neustarts, aber eben nur Starts. Und das ist wohl nicht nur bei mir so. Was habe ich kürzlich gehört: Es gibt keinen Quilt, der so oft begonnen und gemessen daran so selten beendet wurde die der "Dear Jane".
Ich machte viele Pläne. Nur in rosa-roten Stoffen? Oder vielleicht in Kaffe Fassett Stoffen? Oder lieber doch am Original orientieren?
Ich glaube, für mich ich ist die letzte Lösung doch die beste. Schließlich hatte mir das Gesamtbild des Quilts so gut gefallen.
Inzwischen ist mein Stoffvorrat ins Unermessliche angewachsen. Reichlich Auswahl ist vorhanden. Dear Husband behauptet sogar, dass in meinem Nähzimmer mehr Stoff vorhanden ist als in manchem Quiltshop. Das lasse ich jetzt mal so stehen. Stoffe sind immer gut. Sie trösten die Seele.
Renate, entscheide dich!
So, mein Entschluß steht fest. Ich versuche mich in etwa an das Original zu halten. Und nach Möglichkeit werde ich auch Dear Jane Blöckchen von früheren Starts verwenden. Vielleicht klappt das ja.
Genau! So mache ich das jetzt! Mein Quilt wird dann nicht genau dem Original entsprechen, aber er wird ähnlich werden - hoffe ich zumindest. Es ist ohnehin nicht so einfach, bei den kleinen Fotos im Buch, die Farben zu erkennen. Jedenfalls für mich nicht.
Nein, nicht schon wieder Zweifel. Es geht los.
Fest steht, G 07 der Block wird übernommen.
Nun wühle ich in Kisten und Kästen und suche die passenden Stöffchen. Eines habe ich noch gemacht, ich habe mir eine Designwand genäht. Das wird vielleicht bei der Planung helfen. Aber ich habe auch schon gemerkt, alle Appliblöcke fallen mir heute viel schwerer als damals. Das wird nicht immer leicht werden. Es muss ja auch nicht perfekt werden.
Meine Reise mit Jane geht also weiter. Und diesmal werden wir ankommen! Warum ich so zuversichtlich bin? Nun, auf der Facebookseite "Inspiration für Scrappy Quilts" findet gerade ein Dear Jane Retreat statt. Da kann ja eigentlich nichts schief gehen, denn betreut wird das von Roswitha Meidl. Da gibt es wieder jede Menge Hilfestellung.
Ich sag jetzt mal: Demnächst mehr in diesem Theater. Zu sehen sind meine Fortschritte auf meinem Blog.
Renate Bischoff
Februar 2020
Wirklich? Ist es schon Juni 2021? Und immer gibt es noch keine bedeutenden Fortschritte hier zu sehen? So geht das nicht. Mal sehen, ob es Ende des Monats wenigstens etwas zu sehen gibt. Vielleicht ein Bild aller bisher genähten Blöcke? Ja, ja, es stimmt schon. Miss Jane ist ein hartnäckiger Fall von WIP.
Renate Bischoff
15.06.2021
Ist es denn möglich? Immer noch nicht richtig etwas passiert und nun haben wir schon Juni 2023! Das muss sich ändern. Es werden nochmals alle Reprostoffe gesichtet. Vorsichtshalber habe ich bei Roswitha Meidl noch ein wenig Nachschub geordert. Vielleicht hilft das. Warten wir es mal ab.
Renate Bischoff
Juni 2023
Liebe Renate,
AntwortenLöschenach, das war herrlich zu lesen und Du hast so herzerfrischend und -erwärmend geschrieben. Ein klein wenig erging es mir mit Jane auch so: Das Buch hatte ich mir mal 2009 gekauft, nach dem ersten Block, den ich dreimal (?) genäht hatte, habe ich aufgegeben. Buch und Lineale wieder verkauft, nein, das ist nichts für mich. 2015 packte es mich dann wieder und ich habe mich erneut mit Buch und Linealen und auch Rückseitenstoff eingedeckt. 2016 habe ich dann endlich angefangen und dann war das Feuer da. Seitdem lässt es mich nicht los. Größe Blöcke kann ich seitdem gar nicht mehr so gut nähen und ich freue mich schon, wenn ich meine erste Jane fertig habe. Dann kommt irgendwann mein Sahnestück, meine Jane aus Reprostoffen.
Liebe Grüße Viola
Liebe Viola,
Löschenvielen Dank für deinen lieben Kommentar. Ich werde versuchen, jetzt regelmäßig Blöckchen zu nähen. LG Renate
Liebe Renate,
AntwortenLöschenwie herrlich Du das geschrieben hast! Ich musste ja schmunzeln. Denn auch wenn ich meine Jane zum ersten (und hoffentlich zum letzten) Mal nähe, ist mir dieser langwierige Prozess sehr vertraut.
Die Entscheidung, dem Original nahe zu bleiben, kann ich sehr gut nachempfinden, das mache ich ja auch so. Wenn schon dieser aufwändige Quilt, denn schon "richtig". Umso erstaunlicher finde ich Deine Entscheidung, G7 zu lassen. Der wird die Farbwirkung doch recht beeinflussen, denke ich. Aber, egal, Du machst das schon! ;-)
Ich werde mich jetzt mal mit dem Verlinken Deines Blogs befassen. Dir fehlt die Followermöglichkeit über Blogger.
Sei ganz herzlich gegrüßt!
Elke
Liebe Renate, mit viel Bewunderung habe ich diesen Post gelesen. Unglaublich wieviel Herzblut du schon in dieses Projekt gesteckt hast. Du hast so toll all deine Gedanken und Überlegungen beschrieben und ich kann das alles absolut verstehen. Dein Kompromiß, den du mit "Janes Little Sister" eingegangen hast war ein fast "heroischer" Versuch. Das Ergebnis ist großartig! Und doch kann ich dich verstehen, dass damit keine richtige Ruhe bei dir einkehrte.
AntwortenLöschenIch finde es sehr bewundernswert, dass du neu startest, ich werde dich auf deinem Weg begleiten und gleichzeitig sehr hoffen, dass ich solchen Versuchungen widerstehen kann.
LG eSTe
Liebe Renate - dein Durchhaltevermögen bzw. Drang zum Neustart finde ich bewundernswert. Ich bin sehr gespannt wie es bei dir weitergeht. Ich nähe jetzt fast ein Jahr daran und es geht immer wieder vorwärts - ich bin mit meinen Fortschritten sehr zufrieden. Allerdings muss ich keine Stoffe suchen - meine Jane wird bunt ;-)
AntwortenLöschenBin gespannt wie deine Reise weitergeht.
Alles Liebe Karin
Liebe Renate, heute hab ich mal wieder nach dem Stand deines Jane-Projekts gesehen. Und siehe da, vor vier Tagen hast du einen kleinen Beitrag angehängt! Ist das nicht ein toller Zufall. In meinem Kommentar vom 17.5.20 hatte ich noch gehofft, dass ich solchen Versuchungen widerstehen kann. Hach! Wie naiv! Schon bald darauf ließ ich mich mit Begeisterung darauf ein und es ging auch gut vorwärts. Wegen einer Erkrankung ist nun leider ein Stillstand eingetreten, aber aufgeben gilt nicht. Auch bei dir hat es einige Zeit gedauert bis zu ein fantastisches Ergebnis zeigen konntest, ich bin immer noch hin und weg von deiner Version. Und genau genommen bist du nun ja wieder mittendrin. Also ich freu mich und werde immer wieder zwischendurch bei dir spicken und mir bei dir Motivation holen.
AntwortenLöschenLG eSTe
Oft ist ja der Weg auch Ziel. Auch ich werde verfolgen wie es hier weiter geht.
AntwortenLöschenSo ein Dear-Jane-Projekt ist verlockend, immer mal denke ich dran ... vielleicht irgendwann.
LG Ute